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Die Gaben des Geistes

Die Gaben des Geistes

07.08.2014 / Geistliches Wort / Monsignore Ortwin Gebauer
 

Wenn wir an Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes feiern, denken wir einmal an die Gaben dieses Geistes. Von diesen Gaben spricht der Prophet Jesaja, es sind sieben: "Weisheit und Verstand, Rat und Stärke, Wissenschaft, Frömmigkeit und Gottesfurcht" (Jes 11,2)

1. Verstand (Intellectus)

Wir bitten Gott um die Geistesgabe des Verstandes, Gott hat uns nicht nur Herz und Gefühl gegeben. Er hat uns auch den Verstand gegeben, damit wir uns selbst, die Welt um uns und auch Gott zu verstehen versuchen. Es gab in der Geschichte der Kirche Zeiten, in denen man nur blinden Gehorsam von den Gläubigen verlangte. Die Aufklärung hat auch der Kirche gut getan. Nicht alles können wir verstehen, aber den Verstand darf der Christ nicht ausschalten. Wir dürfen fragen. Wir dürfen unseren Intellekt einsetzen, wenn es um die Fragen des Glaubens und um die Zukunft der Kirche geht. Wir dürfen diskutieren, Meinungsfreiheit zulassen. Christen dürfen keine gedankenlosen Mitläufer sein. Wir sollen Gott selbst mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, und mit der ganzen intellektuelen Kraft lieben. Wir beten um den Geist des Verstandes.

Komm heil'ger Geist, der Leben schafft.
Erfülle uns mit deiner Kraft.
Dein Schöpferwort rief uns zum Sein.
Nun hauch uns Gottes Odem ein.

2. Wissenschaft (Scientia)

Die Geistesgabe der Wissenschaft, die Befähigung zu forschen, um die Größe der Gottesschöpfung immer mehr zu entdecken. Ungeheuere Fortschritte haben die Wissenschaft, vor allem die Naturwissenschaften allein den letzten Jahrzehnten vor unsere Augen gemacht. Technische Forschung prägt unsere Zivilisation und wird weiter geführt. In einigen Jahrzehnten werden unsere Errungenschaften wie Luftfahrt, Raumfahrt, Internet, Mobilfunk sicher als sehr primitiv erscheinen. Andererseits wendet sich unkontrollierte Entwicklung auch gegen den Menschen selbst, denken wir an die Atombombe und an die High-Tech-Vernichtungswaffen. Der wissenschaftlichen Entwicklung sollen Grenzen dort gesetzt werden, wo sie sich gegen den Menschen und das menschliche Leben richtet. In der aktuellen Debatte über ethische Fragen der Bioethik, der medizinischen Forschung an menschlichen Embryonen, über die Präimplantationsdiagnostik darf die Stimme der Christen nicht fehlen. Wir beten heute um die Gabe des Hl. Geistes - um den Geist der Wissenschaft, der uns zum Erforschen und zum Staunen über die Größe der Schöpfung führt. Die großen Physiker der Menschheit verstummen vor der Größe Gottes, wenn sie an die Grenzen ihrer Forschung gelangten.

Komm Tröster, der die Herzen lenkt.
Du Beistand, den der Vater schenkt.
Aus dir strömt Leben, Licht und Glut.
Du gibst uns Schwachen Kraft und Mut.

3. Weisheit (Sapientia)

Die Geistesgabe der Weisheit.Das schnelle tempo des Lebens in unserer technisierten Welt verlangt auch nach schnellen Entscheidungen im persönlichen Bereich. Unüberlegte und unverantwortlich wird z.B. oft geheiratet und noch schneller geschieden. Kinder haben hier am meisten zu leiden. Das, was man die Lebensweisheit nennt, ist Mangelware. Nicht nur bei den großen Lebensentscheidungen braucht der Mensch die Weisheit des Herzens, sondern auch im Alltag. Meinen Alltag weise zu gesstalten, weise Taten zu vollbringen und weise Worte zu sprechen, st heute genauso Herausforderung. Die Bibel spricht von der Weisheit der Kinder Gottes. Wir beten heute, dass die Gottesweisheit uns zur Seite steht, damit wir im Leben gute Entscheidungen treffen können.

Dich sendet Gottes Allmacht aus
im Feuer und im Sturmes Braus.
Du öffnest uns den stummen Mund
und machst der Welt die Wahrheit kund.

4. Rat (Consilium)

Die Geistesgabe des Rates.Mehr als in der Vergangenheit sind wir auf andere Menschen angewiesen. Hilflos und verlassen fühlen sich viele und wissen nicht, wie es weiter gehen soll. Gute Ratgeber sind gefragt. Psychologen und Therapeuten haben Hochkonjuktur. Manchmal genügt aber ein einfaches, sich Zeit für den Hilfesuchenden zu nehmen, zuzuhören, sein Herz aussprechen zu lassen. Dem Beispiel Jesu nach ist die Berufung von uns Christen, die Not des Anderen zu sehen und ihm mit Hilfe und Rat beizustehen. Dazu brauchen wir Befähigungen, dazu brauchen wir Offenheit und Bereitschaft, wir brauchen den Geist Jesu. Wir bitten den Heiligen Geist, das er mit seinem guten Rat uns selbst und durch uns unserem Nächsten zur Seite steht.

Entflamme Sinne und Gemüt,
dass Liebe unser Herz durchglüht
und unser schwaches Fleisch und Blut
in deiner Kraft das Gute tut.

5. Frömmigkeit (Pietas)

Die Geistesgabe der Frömmigkeit.Das Gebet ist für die Seele, wie der Atem für das Leben. Ohne das Gebet trocknen die Seele und der Glaube aus. Wir können keine Christen sein ohne Gebet und innige Gottesbeziehung. Die Bibel, das Alte und Neue Testament, überliefern viele Gebete der frommen Menschen. Jesus selbst war ein engagierter Beter. Die Kirche ist entstanden aus den Menschen, die sich zum Gebet versammelten. Das Beten ist nicht leicht. Viele halten es für Zeitverlust, für unproduktive Beschäftigung. Das Beten muss aber gelernt sein. Paulus hat gelernt den Geist in sich beten zu lassen. Er schreibt:So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, warum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können(Röm 8,26).Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: Abba, Vater.(Gal 4,6). Wir bitten heute um die Gabe der Frömmigkeit, damit der Heilige Geist unser Gebet, unseren Gesang, unseren Gottesdienst mit seinem Gebet erfülle und vor Gott trage.

Die Macht des Bösen banne weit.
Schenk deinen Frieden alle Zeit.
Erhalte uns auf rechter Bahn,
dass Unheil uns nicht schaden kann.

6. Gottesfurcht (Timor Domini)

Die Geistesgabe der Gottesfurcht. Selig der Mensch, der stets Gott fürchtet(Spr 28,14). Wir leben in der Epoche der Kirchengeschichte, die das barmherzige und väterliche Antlitz Gottes wieder entdeckt hat. Wir brauchen vor Gott keine Angst zu haben, er steht nicht über uns mit dem erhobenen Finger um uns zu bestrafen. Nicht um zu richten, sondern um zu retten hat er seinen Sohn in die Welt gesandt (Joh 12,47). Er ist wie ein guter Vater und wie eine liebende Mutter. Timor Domini - Gottesfurcht - bedeutet nicht Angst vor Gott, sondern diesem Gott der Liebe in unserem Leben Platz zu geben und in allen Situationen des Lebens Rücksicht auf ihn zu nehmen. Wir bitten um den Geist der Gottesfurcht.

Lass gläubig uns den Vater sehn,
sein Ebenbild, den Sohn, verstehn
und dir vertraun, der uns durchdringt,
und uns das Leben Gottes bringt.

7. Stärke (Fortitudo)

Die Geistesgabe der Stärke.Stark wollen heute alle sein, psychisch stark, körperlich Stark.Meine Stärke und mein Lied ist der herr, er ist für mich zum Retter geworden(Ex 15:2).Meine Stärke, an dich will ich mich halten, denn du, Gott, bist meine Burg.(Ps 59:10) - so betet der Mensch der Bibel. Gott ist unsere Stärke. Er macht uns stark. Der feste Glaube ist auch ein Geschenk Gottes. Überzeugte Christen werden heute in unserer Gesellschaft gebraucht, Frauen und Männer, die fest im Glauben stehen und ein authentisches Zeugnis geben können von der Hoffnung, die uns trägt. Wir beten um den Geist der Stärke für alle Christen, um den Geist der Stärke für alle, die geistlich verunsichert sind, um die Glaubensstärke für alle, die krank sind.

Den Vater auf dem ew'gen Thron
und seinen auferstand'nen Sohn,
dich, Odem Gottes, Heil'ger Geist,
auf ewig Erd' und Himmel preist. Amen

An Pfingsten betet die Kirche um diese sieben Gaben des Heiliges Geistes, um diese Tugenden, um diese Charismen. Denn wir haben sie nötig - alle miteinander und jeder einzelne persönlich. Öffnen wir unser Herz und bitten wir den Heiligen Geist uns zu erleuchten, uns umzugestalten, uns zu inspirieren damit wir bessere und reifere Christen werden. weiser, verständiger, mutiger, klüger und froher.

Monsignore Ortwin Gebauer

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